GROTTENBURG MARMELS
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Allgemeine Informationen
Schwer zugängliche Grotten- oder Balmburg in einer Felswand über dem Marmorera-Stausee. Die ab 1135 erbaute Anlage wurde bis um 1400 durch die Herren von Marmels bewohnt, dann dem Zerfall überlassen und 1905 teilweise durch ein Erdbeben zerstört. Sichtbar ist nebst einigen Mauerspuren die noch gut erhaltene Burgkapelle.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 46° 30' 24.00" N, 09° 37' 39.20" E
Höhe: 1784 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 767.990 / 152.940
Kontaktdaten
k.A.
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
Gefährlicher Zustieg, der Schwindelfreiheit und gutes Schuhwerk erfordert. Bei nasser Witterung ist von einer Besichtigung dringend abzuraten!
Anfahrt mit dem PKW
Ab Chur auf der Hauptstrasse 3 in südlicher Richtung über die Lenzerheide nach Tiefencastel und das Albulatal aufwärts bis zum Marmorera-Stausee. Parkmöglichkeiten an der Zufahrt zum Staudamm. Diesen dann zu Fuss überqueren. Anschliessend rechts am Wasserreservoir vorbei dem Pfad über den ersten Hang bergauf folgen, dann aber in südlicher Richtung halten, über die Alpweide und durch den Bergwald zum Fuss der Steilwand. Ein ungesicherter Pfad führt nun über ein schmales Grasband steil nach oben zur Burg. Die Ruine der Kapelle ist nur über eine kurze Kletterei erreichbar.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Regelmässige Bahnverbindung von Chur nach Tiefencastel. Ab hier weiter mit dem Bus in Richtung Bivio bis zur Haltestelle Marmorera, Staudamm. Dann obiger Wegbeschreibung folgen.
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
ohne Einschränkung
Eintrittspreise
kostenlos
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
für Besichtigung mit Kindern nicht geeignet
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
nicht möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Marmels
Quelle: Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 66 | überarbeitet und aktualisiert von O. Steimann, 2019
Historie
Kühn thronen die Reste der Grottenburg Marmels über dem Marmorera-Stausee. Laut den archäologischen Untersuchungen wurde sie von 1135 bis 1141 nach einem Gesamtkonzept erbaut. Zuvor war der exponierte Platz zwar schon seit dem späten 11. Jhdt. genutzt worden, allerdings nicht sehr intensiv. Von der hochmittelalterlichen Wehranlage steht heute die Burgkapelle noch aufrecht. Von allen weiteren Bauten sind nur wenige Mauerreste erhalten geblieben.
Die Lage der Burg war von strategischer Bedeutung, denn sie überwachte die wichtigen Zugänge vom Oberhalbstein zum Septimer- und zum Julierpass. Die zugehörige Herrschaft ist möglicherweise aus jenem System hervorgegangen, das bereits um 806 unter Karl dem Grossen zur Sicherung des Weges nach Süden angelegt worden war: An der Route über den Julier wurden in Abständen von Tagesetappen Königshöfe und Gasthäuser eingerichtet. Solche Stationen befanden sich in Riom, Sils und Castelmur, aber eben auch in Marmorera/Marmels. Letztere war im frühen 9. Jhdt. als königliches Lehen einem gewissen «Geruuigus» (Gerwig) anvertraut.

Die Herren von Marmels werden 1160 erstmals erwähnt. Andreas «de Marmorea» war bis dahin ein Gefolgsmann der Freiherren von Tarasp gewesen und besass deren halbe Burg als Lehen. In jenem Jahr aber übertrug Ulrich III. von Tarasp zahlreiche seiner Besitzungen und Ministerialen an den Bischof von Chur. Ihre Grottenburg besass die Familie von Marmels allerdings als Eigengut. Direkte Erwähnung findet sie als «castrum Marmoracense» 1193, weil Andreas von Marmels damals im Namen von Kaiser Heinrich VI. den Kardinallegaten Cintius am Septimerpass festnahm. Der Legat wurde auf der Burg festgehalten, bis ein papsttreuer Nachbar (wahrscheinlich Rudolf I. von Sagogn-Wildenberg) unter Gewaltandrohung seine Freilassung erreichte.

Den Herren von Marmels haftete nach dieser Episode noch lange der Ruf des Raubrittertums an. Trotzdem konnten sie als Churer Ministerialen ihre Machtstellung im Oberhalbstein und den angrenzenden Gebieten stetig ausbauen und verfügten über zahlreiche Eigengüter, Lehen und bischöfliche Vogteien. Im 13. Jhdt. gründeten sie zunächst nahe der Stammfeste die Burg Spliatsch. Später sassen sie auch auf den Burgen von Riom, Tinizong, Rhäzüns, Greifenstein, Haldenstein, Trimons, Alt- und Neu-Aspermont, Ober-Ruchenberg und Castels.
Gleichzeitig gehorchten sie einer Mode des Spätmittelalters und verdeutschten den Namen ihrer Stammburg und ihrer Familie von «Marmorea» zu «Marmels». Ihr wichtigster Vertreter war Conradin (†1518), erster Anführer der Bündner im Schwabenkrieg. Von ihm erbte sein zweiter Sohn Rudolf I. die Stammburg, der sie 1550 an seinen Neffen Hans d. J. von Marmels zu Rhäzüns verkaufte. Obwohl die Burg in diesem Kaufvertrag nicht als Ruine, sondern als «schloss» bezeichnet wird, muss die Anlage gemäss den archäologischen Befunden bereits um 1400 verlassen worden sein. Die Familie hingegen, der sie ununterbrochen gehört hatte, existiert heute noch unter dem Namen Demarmels.

Zur Burganlage von Marmels gehörte im Mittelalter ein weiter Pferch aus Trockenmauern, der westlich des modernen Staudamms bei Castigl stand. Südlich davon erhob sich ein einfaches Haus, offenbar ein Ökonomiegebäude. Die Hauptanlage liegt über 100 Meter höher und ist nur über ein schmales, steiles Felsband erreichbar. Es ist anzunehmen, dass dieser Zugang einst besser ausgebaut war.
Den untersten Teil der Kernburg bildete ein an den senkrechten Fels angelehntes, turmartiges Gebäude. Sein Erdgeschoss wurde als Schmiede genutzt. Burgbesucher mussten diesen wehrhaften Bau wohl auf einem Holzsteg umgehen, um zum Burgtor zu gelangen, das auf seiner Ostseite vermutet wird.
Das anschliessende Plateau war von einem Bering umgeben, der heute aber weitgehend verschwunden ist. Den Haupttrakt der Anlage bildete ein massiver, zweiteiliger Palas, der sie gegen Süden hin abschloss. Zwar ist das Gebäude bei einem Erdbeben um Weihnachten 1905 eingestürzt. Doch die 1893 angefertigten Zeichnungen von Johann Rudolf Rahn ergeben ein sehr genaues Bild. Mit dem Kellerraum verfügte der Palas über mindestens vier Stockwerke und war von Osten her auf zwei Etagen über rundbogige Türen zugänglich. Hier wird ein vorgelagertes Gebäude aus Holz vermutet. In den oberen Stockwerken des Palas waren zwei Rauchabzüge vorhanden.
Am höchsten Punkt der Burg, direkt unter der überhängenden Felswand, befindet sich die zweistöckige Kapelle. Im Sakralraum mit der kleinen, halbrunden Apsis ist der mittelalterliche Verputz noch gut erhalten. Nördlich schloss einst ein weiteres Gebäude an die Kapelle an. Nach einem Brand im frühen 14. Jhdt. musste es aber aufgegeben werden.

1987/88 wurde die vom Einsturz bedrohte Kapelle gesichert. Gleichzeitig wurde an einigen Stellen der Anlage die Schaufel angesetzt. Als eine wahre Fundgrube entpuppte sich dabei der Felsschrund hinter den obersten Bauten. Er war von den Herren von Marmels offenbar als Abfalldeponie benützt worden. Weil er frei von Feuchtigkeit war, bleiben die Funde exzellent erhalten. Darunter befand sich nebst Werkzeugen, Nahrungsresten, Alltagsgegenständen aus Holz und Metall sowie Textil- und Lederresten auch eine noch lesbare kurze Botschaft auf Pergament. Ausserdem wurden über 21’000 Fragemente von Tierknochen gefunden: von Rindern, Pferden, Schafen und Ziegen über Schweine und Geflügel bis zu Bären, Hirschen, Hasen und Murmeltieren.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente
Literatur
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 303
  • Boxler, Heinrich - Die Burgnamengebung in der Nordostschweiz und in Graubünden [Studia Onomastica Helvetica, Bd. 2] | 2. Aufl. | Arbon, 1991 | S. 93
  • Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 66-68
  • Farnum, Jerome H. - 20 Ausflüge zu romantischen Burgruinen in der Schweiz | Bern/Stuttgart, 1976 | S. 213-217
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser der Schweiz, Bd. 9: Graubünden 2 und Tessin | Kreuzlingen, 1973 | S. 32-36
  • Högl, Lukas - Burgen im Fels [Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Bd. 12] | Olten/Freiburg i.Br., 1986 | S. 67
  • Jecklin-Tischhauser, Ursina et al. - Die Burg Marmels: Eine bündnerische Balmburg im Spiegel von Archäologie und Geschichte [Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Bd. 40] | Basel 2012
  • Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 3: Kanton Graubünden (deutschsprachiger und romanischer Teil) | Zürich, 1983 | S. 57-58
  • Pajarola, Jano Felice - Der verräterische Schrund von Marmels | In: Terra Grischuna, Nr. 6/2011 | Chur, 2011 | S. 10-13
  • Poeschel, Erwin - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Leipzig, 1930 | S. 260-261
  • Poeschel, Erwin - Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Bd. III: Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin | Basel, 1940 | S. 247
  • Von Castelmur, Anton - Die Burgen und Schlösser Graubündens, III. Teil: Viamala, Schams, Schyn, Albulatal, Oberhalbstein, Bergell, Engadin | Basel, 1944 | S. 48-52
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