BURGSTELLE ALT-TOGGENBURG (ST. IDDABURG)
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Allgemeine Informationen
Nach der Alt-Toggenburg nannte sich ein 1044 erstmals belegtes Freiherrengeschlecht, das vor allem im Thurtal und im Zürcher Oberland begütert war. Im Investiturstreit wurde die Burg 1085 durch Truppen der Abtei St. Gallen zerstört, doch die Toggenburger konnten ihre Stellung weiter ausbauen und führten ab 1209 den Grafentitel. Nach einem Brudermord im Jahr 1226 ging die Burg endgültig an St. Gallen verloren und wurde 1289 von habsburgischen Gefolgsleuten eingenommen. Im frühen 14 Jhdt. gehörte das Burglehen den Herren von Bichelsee, ab 1372 den Herren von Hewen. Spätestens damals wurde die Anlage dem Zerfall überlassen. An ihrer Stelle entstand ab den 1860er-Jahren ein Wallfahrtsort für die Heilige Idda von Toggenburg. Nur auf dem vorgelagerte Felskopf des «Känzeli» und am Westrand des Hauptplateaus sind noch schwache Mauerspuren erkennbar.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 47° 23’ 17.30“ N, 08° 58’ 45.20“ E
Höhe: 965 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 716.320 / 249.730
Kontaktdaten
k.A.
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Die Autobahn A1 bei der Ausfahrt Wil verlassen und der Wilerstrasse in südlicher Richtung bis nach Rickenbach folgen. Im Kreisel nach Westen abbiegen, den zweiten Kreisel geradeaus passieren und beim dritten wiederum nach Süden halten und der Fürstenlandstrasse bis nach Kirchberg folgen. Den Ort durchqueren und auf der gleichen Hauptstrasse in südwestlicher Richtung weiter über Gähwil und Eggsteig bis zum Weiler Eggholz. Hier biegt rechts das ausgeschilderte Strässchen zur Iddaburg ab und führt über den Berggrat hinauf bis zur Burgstelle mit der Wallfahrstkirche (Parkplätze vor Ort).
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Ab St. Gallen mit der Bahn nach Wil. Ab hier weiter mit der Buslinie 732 bis zur Endhaltestelle Gähwil, Sportgasse. Nun dem ausgeschilderten Wanderweg zur St. Iddaburg in südwestlicher Richtung bergauf folgen (Zustieg ca. 55 Min.).
Wanderung zur Burg
Der Toggenburger Höhenweg führt an der Burgstelle vorbei.
Öffnungszeiten
ohne Einschränkung
Eintrittspreise
kostenlos
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
Gasthaus St. Iddaburg auf dem Burgareal:
www.iddaburg.info/gasthaus
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
teilweise möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Alt-Toggenburg
Quelle: Schindler, Martin Peter - Kirchberg SG-Gähwil, Alttoggenburg/St. Iddaburg und Oberbüren SG-Glattburg: zwei prähistorische Siedlungen im unteren St. Galler Thurtal | In: Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, Bd. 81 | Basel, 1998 | S. 9 | überarbeitet von O. Steimann, 2021
Historie
Prähistorische Besiedlung und Anfänge der Burganlage
Der Bergrücken der Alt-Toggenburg ist heute ein beliebtes Wallfahrts- und Ausflugsziel. Besiedelt war er bereits in der späten Bronze- und in der Eisenzeit, wie zahlreiche Keramikfunde und Tierknochen belegen. Im Hochmittelalter entstand hier eine der frühesten Burganlagen der Region. Eine Datierung ihrer Anfänge ist bis heute zwar nicht geglückt, doch das Geschlecht taucht mit Diethelm «de Toccanburg» und seinen Söhnen Berchtold und Uodalrich bereits 1044 in einer Urkunde auf. Offenbar handelte es sich um eine edelfreie Familie (Nobiles) aus dem Umfeld der Abtei St. Gallen. Über den Ursprung des Namens herrscht Uneinigkeit. Frühere Forscher wollte ihn vom englischen Wort «Dog» ableiten, weil die späteren Toggenburger einen Rüden im Wappen trugen. Auch eine Herleitung vom althochdeutschen Namen «Docco» (der Tüchtige) wurde vermutet, oder vom Schweizerdeutschen Wort «Togg» (Pfahl, vorstehender Balken). Letzteres könnte sich auf die Bauweise der Burg beziehen, die in dieser frühen Phase wohl weitgehend aus Holz bestand.
Verschiedene Chroniken berichten von einer Fehde zwischen den Toggenburgern und dem St. Galler Abt Ulrich III. von Eppenstein, die mit dem Investiturstreit zusammenhing und sich ab 1081 entwickelte. Offenbar wollte Dietzlin von Toggenburg seinen Bruder rächen, der von Dienern des Abts erschlagen worden war. Er scheiterte jedoch und verlor 1085 seine Stammburg, die dabei abgebrannt wurde.

Aufstieg der Toggenburger zum Grafengeschlecht
Die Familie scheint sich von diesem Rückschlag bald erholt zu haben und konnte sich im 12. Jhdt. eine starke Position sowohl im Thurtal wie auch im Zürcher Oberland aufbauen, wo Freiherr Diethelm V. um 1192 die Johanniterkomturei Bubikon gründete. Die genealogischen Zusammenhänge jener Zeit sind aufgrund der schlechten Quellenlage unsicher. Weil aber Diethelm der wichtigste Vorname der Toggenburger blieb, lässt sich vermuten, dass es die gleiche Familie war, die um 1209 den Grafentitel annehmen konnte. Grundlage dafür war wahrscheinlich die Grafschaft Uznach, die kurz zuvor durch die Heirat mit einer Rapperswilerin in toggenburgischen Besitz gelangt war.
Im frühen 13. Jhdt. expandierten die Toggenburger nach allen Seiten. Sie gründeten die Städte Lichtensteig, Uznach und Wil sowie mehrere Burgen und Klöster. Einen starken Dämpfer erlitten diese Bestrebungen, als im Dezember 1226 Graf Diethelm II. seinen Bruder Friedrich I. auf der Burg Rengerswil ermorden liess. Der Vater, Graf Diethelm I., wollte Busse tun und schenkte die Alt-Toggenburg und die Stadt Wil dem Kloster St. Gallen. Doch Diethelm II. wollte sich damit nicht abfinden und begann eine Fehde gegen Abt Konrad von Bussnang. Diese verlief verlustreich, bis es 1228 zu einer vorübergehenden Aussöhnung kam. Die Alt-Toggenburg blieb dabei im Besitz der Abtei. Kraft I., der Sohn des Brudermörders, versuchte sie ebenfalls zurückzugewinnen – scheiterte aber, weshalb sich das Herrschaftzentrum nun auf die Neu-Toggenburg bei Oberhelfenschwil verlagerte. Von hier aus konnte die Familie ihre Stellung sichern. Graf Kraft erlangte als Minnesänger Bekanntheit und wurde später im berühmten Codex Manesse verewigt.

Unter der Abtei St. Gallen
Die Abtei St. Gallen liess die Alt-Toggenburg wahrscheinlich durch Dienstleute verwalten. Während der Fehde zwischen Abt Wilhelm von Montfort und König Rudolf von Habsburg diente sie dem Abt im Winter 1288/89 als Zufluchtsort. Im Frühjahr musste er die Burg jedoch aufgeben, wobei sich die Chronisten uneinig sind, ob das mit einer Zerstörung durch die Habsburger einherging. Später befand sich die Anlage als Pfand oder Lehen im Besitz der Herren von Bichelsee, die sie 1320 an Abt Hiltpolt von Werstein verkauften. Nun wurden zunächst die Herren von Griesenberg und 1372 die Herren von Hewen damit belehnt. Danach verschwindet die Burg aus den Urkunden.
Die Grafen von Toggenburg, die bis zu ihrem Aussterben 1436 zum mächtigsten Adelsgeschlecht der Ostschweiz aufsteigen konnten, erlangten ihren alten Wohnsitz nie mehr zurück. Wahrscheinlich wurde die Anlage im 14. Jhdt. aufgegeben und dem Zerfall überlassen.

Umwandlung zum Wallfahrtsort
Steine der Alt-Toggenburg sollen um 1750 für den Bau der Kirche von Gähwil verwendet worden sein. Die Burgstelle gehörte damals dem benachbarten Kloster Fischingen, über das die Toggenburger einst die Vogtei ausgeübt hatten. Fischingen war ein Wallfahrtsort für die Volksheilige Idda von Toggenburg (vrgl. Burgsage), doch das Kloster wurde 1848 vorübergehend aufgehoben und in eine Baumwollfabrik umgewandelt. Ein Pfarrer aus der Region liess deshalb 1864 auf der Alt-Toggenburg ein neues Pilgerhaus mit einem Raum für Gottesdienste errichten. Wahrscheinlich wurden dabei die letzten aufgehenden Mauerzüge der mittelalterlichen Wehranlage entfernt.
Über die folgenden Jahrzehnte entwickelte sich der Ort zu einem beliebten Wallfahrtsziel, das von umtriebigen Geistlichen aus der Region gefördert wurde. Im 19. und 20. Jhdt. wurde die Infrastruktur mehrfach erweitert – etwa um eine Lourdes-Grotte, eine Kirche und ein Gasthaus. Die neue Funktion überlagerte auch den ursprünglichen Namen der Burg immer mehr. Heute wird sie fast nur noch als «St. Iddaburg» bezeichnet.

Aussehen der Burg, archäologische Forschungen
Obwohl auf der Alt-Toggenburg mehrfach gegraben wurde, lässt sich ihr einstiges Aussehen nicht mehr rekonstruieren. Der rundum sehr steil abfallende Berggipfel ist nur über einen langen, felsigen Grat von Südosten her gut zugänglich. Die Zufahrtsstrasse führt am «Känzeli» vorbei – einem weit vorgelagerten Felskopf, der noch wenige Mauerspuren aufweist. Vielleicht stand hier einst ein Turm. Dahinter wird der Grat bald etwas breiter und mündet rund 140 Meter weiter ins Plateau der Hauptburg. An beiden Enden dieses Abschnitts sind Burggräben nachgewiesen, wovon der innere heute aber ausplaniert ist. Das Hauptplateau bildet ein Dreieck, auf dem die Wallfahrtskirche mit angebautem Pfarrhaus sowie ein Gasthaus stehen. An der westlichen Geländekante sind noch wenige Steinlagen erkennbar, die zur mittelalterlichen Wehranlage gehört haben dürften.
Von 1952 bis 1957 wurden auf dem Burgareal zahlreiche Sondierschnitte angelegt. Dabei stiess man auf wenige Mauerreste, Fundamentgruben und Pfostenlöcher. Die wenigen mittelalterlichen Fundstücke, vor allem Ofenkacheln und Pfeilspitzen, konnten ins 12 und 13. Jhdt. datiert werden. Weitere Grabungen fanden 1996 statt, brachten aber kaum neue Erkenntnisse.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente, inkl. Infotafel auf der Burgstelle
Literatur
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 468
  • Boxler, Heinrich - Die Burgnamengebung in der Nordostschweiz und in Graubünden [Studia Onomastica Helvetica, Bd. 2] | 2. Aufl. | Arbon, 1991 | S. 166-168
  • Eugster, Erwin - von Toggenburg (SG) | In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Stand vom 23.02.2021: hls-dhs-dss.ch
  • Felder, Gottlieb - Die Burgen der Kantone St. Gallen und Appenzell, 1. Teil [47. Neujahrsblatt des Historischen Vereins des Kantons St. Gallen] | St. Gallen, 1907 | S. 36-37
  • Felder, Gottlieb - Die Burgen der Kantone St. Gallen und Appenzell, 3. Teil [82. Neujahrsblatt des Historischen Vereins des Kantons St. Gallen] | St. Gallen, 1942 | S. 28-30
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser der Schweiz, Bd. 2: St. Gallen, Appenzell, Fürstentum Liechtenstein | Kreuzlingen, 1965 | S. 11-12
  • Huber, Johannes - 150 Jahre Wallfahrtsort St. Iddaburg 1864-2014 | Gähwil, 2014
  • Müller-Hitz, Heinz - Die Grafen von Toggenburg | In: Meili, Hermann (Hg.) - Burgen, Schlösser und Burgherrengeschlechter der Ostschweiz | Trogen, 1970 | S. 84-89
  • Schindler, Martin Peter - Kirchberg SG-Gähwil, Alttoggenburg/St. Iddaburg und Oberbüren SG-Glattburg: zwei prähistorische Siedlungen im unteren St. Galler Thurtal | In: Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, Bd. 81 | Basel, 1998 | S. 7-22
  • Würgler, Friedrich E. - Beitrag zur Kenntnis der mittelalterlichen Fauna der Schweiz [Bericht über die Tätigkeit der St. Gallischen Naturwissenschaftlichen Gesellschaft, Bd. 75] | St. Gallen, 1956 | S. 7-15
Webseiten mit weiterführenden Informationen
Sonstiges
  • Burgsage: Die heilige Idda von Toggenburg
    Die heilige Idda von Toggenburg

    Idda, die Gemahlin des Grafen von Toggenburg, legte eines Tages ihren goldenen Ehering auf ein Fensterbrett, von wo er von einem Raben gestohlen wurde. Bald darauf wurde der Ring von einem Jäger des Grafen in einem Rabennest gefunden, der ihn sich ansteckte und lange Zeit trug. Schliesslich bemerkte einer der Burgknechte den Ring an der falschen Hand und berichtete dem Grafen, seine Gemahlin habe ihn mit dem Jäger betrogen. Weil der Graf dies nicht glauben wollte, stahl der Knecht den Ring und brachte ihn zu seinem Herrn. Dieser brach nun in Wut aus, liess den Jäger töten, suchte daraufhin seine Frau auf und stiess sie im Zorn aus dem Fenster der Burg und über die steile Felswand in die Tiefe.

    Im Fallen versprach Idda, sich nie mehr mit einem Mann einzulassen und fortan nur noch Gott zu dienen. Dieser erhörte ihre Bitte – sie überstand den Sturz unverletzt. Fortan lebte sie im Tobel unterhalb der Burg in einer Höhle und ernährte sich von Wurzeln. Dort entdeckte sie schliesslich ein anderer Jäger des Grafen, der darauf selbst hinabstieg und seine Frau auf Knien um Verzeihung bat. Den Knecht, der die falsche Anschuldigung vorgebracht habe, werde er töten lassen. Idda aber verbot ihm, jemanden in ihrem Namen zu töten und verweigerte eine Rückkehr auf die Burg. Sie bat den Grafen, ihr eine Wohnung fern der Toggenburg einzurichten, wo sie Gott dienen könne: eine Klause in der Au am Berg Hörnli. Dort lebte Idda viele Jahre und besuchte jeden Morgen den Gottesdienst in der Klosterkirche von Fischingen. Auf ihrem Weg wurde sie jeweils von einem Hirsch mit zwölf brennenden Kerzen im Geweih begleitet.

    Die Frauen des Konvents baten Idda schliesslich, bei ihnen zu wohnen. Das aber tat sie nur unter der Bedingung, als Inklusin in einem eigenen Raum eingeschlossen leben zu dürfen. In diesem Raum wurde sie vom Teufel heimgesucht, der ihr das Licht löschte und sie in Schrecken versetzte. Durch das kleine Redefenster ihres Zimmer sprach Idda deshalb zum Grab eines Toggenburgers. Der Tote erhob sich und brachte Idda neues Licht. Fortan liess der Teufel die Heilige bis an ihr Lebensende in Ruhe.

    Quelle: gekürzte Fassung auf Basis von: Huber, Johannes - 150 Jahre Wallfahrtsort St. Iddaburg 1864-2014 | Gähwil, 2014 | S. 16-21
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